Narr

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Narr (Deutsch)[Bearbeiten]

Substantiv, m[Bearbeiten]

Singular Plural
Nominativ der Narr die Narren
Genitiv des Narren der Narren
Dativ dem Narren den Narren
Akkusativ den Narren die Narren
[1] Diego Velázquez, Porträt des Hofnarren Juan de Calabazas

Nebenformen:

veraltet: Narre

Worttrennung:

Narr, Plural: Nar·ren

Aussprache:

IPA: [naʁ]
Hörbeispiele: Lautsprecherbild Narr (Info)
Reime: -aʁ

Bedeutungen:

[1] historisch: Gaukler und Spaßmacher an einem Fürstenhof oder komische Figur im Theater
[2] Person, die (kostümiert) am Karneval/Fasching teilnimmt
[3] veraltend, abwertend: ein Mensch, der sich unklug/unvernünftig verhält
[4] meist in Zusammensetzungen: jemand, der von jemandem oder von etwas besessen ist

Herkunft:

Das Wort geht zurück auf mittelhochdeutsch narre → gmh und althochdeutsch narro → goh; die Herkunft des Substantivs ist ungeklärt, es ist allerdings nur im deutschen Sprachraum zu finden; das Wort ist seit dem 8. Jahrhundert belegt.[1][2]

Sinnverwandte Wörter:

[1] Schelm, Theater: Bajazzo, Hanswurst, Harlekin, Kasper
[2] Fastnachter, Karnevalist
[3] Idiot, Tor
[4] Anhänger, Fan, Fex

Weibliche Wortformen:

[1–4] Närrin

Verkleinerungsformen:

[1–4] Närrchen

Unterbegriffe:

[1] Hofnarr
[4] Autonarr, Briefmarkennarr, Büchernarr, Eisenbahnnarr, Fahrradnarr, Fußballnarr, Frauennarr, Hundenarr, Katzennarr, Modenarr, Pferdenarr, Sportnarr, Stricknarr, Waffennarr, Wäschenarr

Beispiele:

[1] Der Narr unterhält seinen König.
[2] Der Fasching steht vor der Tür: die Zeit der Narren.
[3] Das hast du wirklich getan? Du bist doch ein Narr!
[3] „Wir Deutsche sind weichmütige Narren, und die Leiden eines alten, kranken, gedemütigten, wenn selbst bösartigen Feindes gehen uns ans Herz.“[3]
[3] „Die Narren ziehen ab, ein Teil in die Wirtshäuser.“[4]
[3] „Der Mensch stammt von Tieren ab, nur Narren und übereifrige Geistliche können das bestreiten.“[5]
[3] „Acht Tage nach seiner Metamorphose begann der Narr auszugehen.“[6]
[4] Wenn es um Pferde geht, wird Thomas zum Narren.

Redewendungen:

schwäbisch: dem Narren übers Säcklein kommen – verrückt, ein Idiot sein
den Narren stechen/bohren – durch Mimik, Gestik gegenüber jemanden andeuten, dass man ihn für einen Narren hält
der Narr muss ein Abzeichen haben
einen Narren an jemandem gefressen haben/einen Narren an etwas gefressen haben
ein Narr auf eigene Hand sein – nach J. W. Goethe „Den Originalen“, ein Narr auf eigene Faust
ein Narr in Folio – ein Narr im Buchformat Folio, von außergewöhnlichem Format, ein riesengroßer Narr
schweizerisch: ein Narr in seinem Sack sein – trotz der Narrheit auf den eigenen Vorteil aus sein, an den eigenen Nutzen denken
jemanden zum Narren halten/haben
mit einem Narren schwanger sein – verrückt, ein Idiot sein
Narr um Christi willen/Narr in Christo – als Vergleich zu dem um der Askese willen vorgetäuschten Verlust des Verstandes, der vom Klerus akzeptiert wurde
sich zum Narren machen
vom Narren gestochen werden – sich von Narrheit, Narreteien anstecken lassen

Sprichwörter:

ein Narr kann mehr fragen, als zehn Weise beantworten können
Hoffen und Harren hält manchen zum Narren/Hoffen und Harren macht manchen zum Narren
jedem Narren gefällt seine Kappe

Wortbildungen:

narren, Narrenbein, Narrenfreiheit, Narrengilde, narrenhaft, Narrenhaus, Narrenkappe, Narrenkastl, Narrenkleid, Narrenkostüm, Narrenkrankheit, Narrenposse/Narrensposse, Narrenseil, narrensicher, Narrenstreich, Narretei, Narrentum, Narrenturm, Narrenzepter, Narrenzunft, närrisch/narrisch, Narrheit

Übersetzungen[Bearbeiten]

[1–3] Wikipedia-Artikel „Narr
[1, 3] Jacob Grimm, Wilhelm Grimm: Deutsches Wörterbuch. 16 Bände in 32 Teilbänden. Leipzig 1854–1961 „Narr
[1–3] Digitales Wörterbuch der deutschen Sprache „Narr
[*] Uni Leipzig: Wortschatz-PortalNarr
[1–3] Duden online „Narr
[4] Duden online „-narr

Quellen:

  1. Friedrich Kluge, bearbeitet von Elmar Seebold: Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache. 24., durchgesehene und erweiterte Auflage. Walter de Gruyter, Berlin/New York 2001, ISBN 978-3-11-017473-1, DNB 965096742, Stichwort: „Narr“, Seite 685.
  2. Wahrig Herkunftswörterbuch „Narr“ auf wissen.de
  3. Otto von Corvin: Pfaffenspiegel. In: humanist.de. Abgerufen am 8. September 2023.
  4. Björn Kuhligk, Tom Schulz: Rheinfahrt. Ein Fluss. Seine Menschen. Seine Geschichten. Orell Füssli, Zürich 2017, ISBN 978-3-280-05630-1, Seite 237.
  5. Tom Wolfe: Das Königreich der Sprache. Blessing, München 2017, ISBN 978-3-89667-588-0, Zitat Seite 66. Englisch The Kingdom of Language, 2016.
  6. Giacomo Casanova: Geschichte meines Lebens, herausgegeben von Erich Loos, Band II. Propyläen, Berlin 1985 (Neuausgabe) (übersetzt von Heinz von Sauter), Seite 129.