Arrha

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Arrha (Deutsch)[Bearbeiten]

Substantiv, f[Bearbeiten]

Singular Plural
Nominativ die Arrha die Arrhen
Genitiv der Arrha der Arrhen
Dativ der Arrha den Arrhen
Akkusativ die Arrha die Arrhen

Alternative Schreibweisen:

Arra

Worttrennung:

Ar·rha, Plural: Ar·rhen

Aussprache:

IPA: [ˈaʁa]
Hörbeispiele: Lautsprecherbild Arrha (Info)

Bedeutungen:

[1] Zivilrecht: Symbol, durch das einem Versprechen, also einem Vertragsabschluss, durch Hingabe eines Wertobjekts (zumeist Dinge, die der Versprechende bei sich trägt; zum Beispiel ein Ring, eine Halskette oder eine Waffe) bindende Kraft verliehen wird und die Eingehung eines Schuldverhältnisses zweifelsfrei erkennbar wird; im deutschen Recht begleitet die Arrha zumeist den Vollzug des Vertragsabschlusses als Zeichen der Vorleistung, nicht jedoch als wirkliche Teilleistung im Sinne einer Anzahlung

Herkunft:

Das Rechtsinstitut der Arrha war schon bei den Hebräern, Babyloniern und Phöniziern bekannt. In hebräischen Quellen ist die Bezeichnung erabon oder aerabon nachzuweisen.[1] Durch regen Handelsverkehr zwischen Orient und Okzident gelangte die semitische Arrha vermutlich zu den Griechen, die sie ἀρραβών (arrabōn→ grc ‚Handgeld, Unterpfand[2]‘ nannten.[3] Wiederum durch Handelsbeziehungen – diesmal der Römer zu den in Unteritalien angesiedelten Griechen – gelangte die Arrha ins römische Rechtsleben. Zunächst hatte sie den Namen arrhabo → la oder arrabo → la ‚Handgeld, Unterpfand[4]‘. Da die Römer dieses Wort jedoch als fremdartig klingend empfanden, verkürzten sie es zu arrha → la beziehungsweise arra → la ‚Angeld, Anzahlung als Zeichen eines geschlossenen Kaufvertrags[5]‘.[6]

Synonyme:

[1] Angabe, Angeld, Angift, Aufgeld, Dinggeld, Draufgabe, Draufgeld, Gottespfennig, Haftgeld, Handgeld, Heiliggeistpfennig, Leitkauf, Mietstaler, Weinkauf

Oberbegriffe:

[1] Rechtsinstitut

Unterbegriffe:

[1] arrha confirmatoria, arrha constitutiva, arrha poenalis, arrha poenitentialis, arrha sponsalicia

Beispiele:

[1] „Wenn nämlich schon bevor es zum wirklichen und eigentlichen Abschluss eines Vertrags selbst kommt, also während der Traktaten […] eine Arrha gegeben wird, und sich jene durch Schuld des einen der Paciscirenden zerschlagen, so nimmt die Arrha den Charakter einer Konventionalstrafe an, dergestalt, dass, wenn der zurücktritt, welcher sie gegeben, er des Gegebenen verlustig geht, wenn aber der Empfänger, so muss er sie dem ersteren zurückerstatten und soviel, als sie beträgt, dazu.“[7]

Wortbildungen:

[1] arrhalisch

Übersetzungen[Bearbeiten]

[1] Ferdinand Gastreich: Die Draufgabe und ihre historische Entwicklung. Eine Darstellung arrhalischer Rechtsformen in ihrer essentiellen und funktionellen Bedeutung nach altem und neuem Rechte; Inaugural-Dissertation der Juristischen Fakultät der Friedrich-Alexanders-Universität zu Erlangen. Erlangen 1933, passim
[1] Pierer’s Universal-Lexikon der Vergangenheit und Gegenwart. 4., umgearbeitete und stark vermehrte Auflage. 19 Bände. Altenburg 1857–1865 „Arrha
[1] D. Johann Georg Krünitz: Oekonomische Encyklopädie, oder allgemeines System der Staats- Stadt- Haus- und Landwirthschaft in alphabetischer Ordnung. 242 Bände, 1773–1858, Stichwort „Arrha“.

Quellen:

  1. Ferdinand Gastreich: Die Draufgabe und ihre historische Entwicklung. Eine Darstellung arrhalischer Rechtsformen in ihrer essentiellen und funktionellen Bedeutung nach altem und neuem Rechte; Inaugural-Dissertation der Juristischen Fakultät der Friedrich-Alexanders-Universität zu Erlangen. Erlangen 1933, Seite 8
  2. Wilhelm Gemoll: Griechisch-deutsches Schul- und Handwörterbuch. Von Wilhelm Gemoll. Durchges. und erw. von Karl Vretska. Mit einer Einf. in die Sprachgeschichte von Heinz Kronasser. 9. Auflage. Oldenbourg, München 1991, ISBN 3-486-13401-9, „ἀρραβών“, Seite 125
  3. Ferdinand Gastreich: Die Draufgabe und ihre historische Entwicklung. Eine Darstellung arrhalischer Rechtsformen in ihrer essentiellen und funktionellen Bedeutung nach altem und neuem Rechte; Inaugural-Dissertation der Juristischen Fakultät der Friedrich-Alexanders-Universität zu Erlangen. Erlangen 1933, Seite 9
  4. Josef Maria Stowasser, Michael Petschenig, Franz Skutsch: Stowasser. Lateinisch-deutsches Schulwörterbuch. Oldenbourg, München 1994, ISBN 3-486-13405-1, „arrabo“, Seite 48
  5. Josef Maria Stowasser, Michael Petschenig, Franz Skutsch: Stowasser. Lateinisch-deutsches Schulwörterbuch. Oldenbourg, München 1994, ISBN 3-486-13405-1, „arr(h)a“, Seite 48
  6. Ferdinand Gastreich: Die Draufgabe und ihre historische Entwicklung. Eine Darstellung arrhalischer Rechtsformen in ihrer essentiellen und funktionellen Bedeutung nach altem und neuem Rechte; Inaugural-Dissertation der Juristischen Fakultät der Friedrich-Alexanders-Universität zu Erlangen. Erlangen 1933, Seite 11
  7. Carl Friedrich Ferdinand Sintenis: Das practische gemeine Civilrecht, 1861, Seite 309