Erhaltungstrieb

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Erhaltungstrieb (Deutsch)[Bearbeiten]

Substantiv, m[Bearbeiten]

Singular Plural
Nominativ der Erhaltungstrieb die Erhaltungstriebe
Genitiv des Erhaltungstriebs
des Erhaltungstriebes
der Erhaltungstriebe
Dativ dem Erhaltungstrieb
dem Erhaltungstriebe
den Erhaltungstrieben
Akkusativ den Erhaltungstrieb die Erhaltungstriebe

Worttrennung:

Er·hal·tungs·trieb, Plural: Er·hal·tungs·trie·be

Aussprache:

IPA: [eɐ̯ˈhaltʊŋsˌtʁiːp]
Hörbeispiele: Lautsprecherbild Erhaltungstrieb (Info)

Bedeutungen:

[1a] inneres Verlangen danach, jemanden oder etwas zu bewahren (zu erhalten)
[1b] insbesondere: inneres Verlangen danach, sich selbst zu erhalten; von Lebewesen: innerer Drang zum Weiterleben, zum Sicherstellen der eigenen (materiellen oder sonstigen) Existenz; Selbsterhaltungstrieb

Herkunft:

Determinativkompositum aus den Substantiven Erhaltung und Trieb sowie dem Fugenelement -s-

Beispiele:

[1a] „Und bald danach erfuhr das Kieler Stadtplanungsamt vom Finanzministerium, es sei ‚zur Zeit nicht tunlich‘, das Gründerzeit-Gemäuer abzureißen. Vorhalte des Kieler Baurats, daß wegen Lemkes Erhaltungstrieb die Straße durch den anliegenden botanischen Garten der Stadt geführt werden müsse, wischte der Christdemokrat beiseite […]“[1]
[1a] „Es erging Peron wie vielen Schönen und Reichen Ferrari-Fahrern: Ihr Auto überlebte sie dank des verbissenen Erhaltungstriebes einiger Sammler.“[2]
[1a] „Wird aber ein industriegeschichtliches Denkmal dieser Art ausgemustert, regt sich im Nostalgiker unwillkürlich der Erhaltungstrieb.“[3]
[1a] „Meine Grosseltern waren Mitglieder der Israelitischen Cultusgemeinde Zürich. Deren Regelwerk schreibt vor, dass bei jüdischen Bestattungen zwei Männer der Gemeinde dem Sarg vorangehen müssen. Als mein Grossvater starb, wollte ich diese Position einnehmen, was zu einem kleinen Streit führte. Die Geschichte wiederholte sich, als auch meine Grossmutter starb. In beiden Fällen missachtete ein System aus purem Erhaltungstrieb meine Bedürfnisse als Angehöriger.“[4]
[1b] „Und wenn sie sich auch darinn entzweyen, so ist es immer nur die Sinnlichkeit, oder wenigst eine irrige, verworrene Vorstellung, die den Erhaltungstrieb selbstmörderisch überwältiget, und die Last des Lebens unberufen wegwirft […]“[5]
[1b] „Und indem sie zornig auf und niederging, malte sie recht genau aus, wie Römer sich vielleicht erholt hätte, wenn man ihm nicht die Mittel zu seinem ersten Aufenthalte in Paris entzogen, wie ihn der Erhaltungstrieb vielleicht, ja sicher eine Zeitlang hätte klug sein lassen und hieraus unberechenbar eine bessere Wendung auf diese oder jene Weise möglich gewesen.“[6]
[1b] „Sie hatte mir früher auch als sichrer gegolten, weil ich die traditionelle dynastische Freundschaft, die Gemeinsamkeit des monarchischen Erhaltungstriebes und die Abwesenheit aller eingebornen Gegensätze in der Politik für sichrer hielt als die wandelbaren Eindrücke der öffentlichen Meinung in der ungarischen, slavischen und katholischen Bevölkerung der habsburgischen Monarchie.“[7]
[1b] „Das Gesetz vom Aufstieg und Niedergang großer Imperien lehrt, dass die Akkumulation von zu viel Macht zu einem Machtverlust führt, weil der Erhaltungstrieb die weniger mächtigen Nationen zusammentreibt und Allianzen gegen den Giganten bilden lässt.“[8]
[1b] „Das Wasser lief langsam ab, die Fische konnten also ihrem natürlichen Erhaltungstrieb folgen – sie sind dem ablaufenden Wasser nachgeschwommen, um in tiefere Bereiche zu gelangen.“[9]

Übersetzungen[Bearbeiten]

[1b] Jacob Grimm, Wilhelm Grimm: Deutsches Wörterbuch. 16 Bände in 32 Teilbänden. Leipzig 1854–1961 „Erhaltungstrieb
[1b] Digitales Wörterbuch der deutschen Sprache „Erhaltungstrieb
[1b] Duden online „Erhaltungstrieb
[*] Uni Leipzig: Wortschatz-PortalErhaltungstrieb“ (Korpusbelege)

Quellen:

  1. Der Spiegel, 08.12.1969, S. 106.
  2. Stern, 20.03.1997.
  3. Neue Zürcher Zeitung, 22.07.2000, S. 44.
  4. Tages-Anzeiger, 17.03.2012, S. 34.
  5. Johann Michael Sailer, Über den Selbstmord, München 1785, S. 8 (Digitalisat Staatsbibliothek zu Berlin/Deutsches Textarchiv, URN:nbn:de:kobv:b4-200905195213).
  6. Gottfried Keller, Der grüne Heinrich, Bd. 3, Braunschweig 1854, S. 114 (Digitalisat Staatsbibliothek zu Berlin/Deutsches Textarchiv, URN:nbn:de:kobv:b4-200905193040).
  7. Otto von Bismarck, Gedanken und Erinnerungen, Bd. 2, Stuttgart 1898, S. 234 (Digitalisat Staatsbibliothek zu Berlin/Deutsches Textarchiv, URN:nbn:de:kobv:b4-20090519401).
  8. Süddeutsche Zeitung, 21.06.2002, S. 4.
  9. Hans Moritz: Erding: Wenig Wasser im Mittleren Isarkanal: Die Angst vor dem nächsten Fischsterben - Erding. In: merkur.de. 29. Oktober 2018, ISSN 2510-4179 (URL, abgerufen am 4. Juli 2020).