sollizitieren

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sollizitieren (Deutsch)[Bearbeiten]

Verb[Bearbeiten]

Person Wortform
Präsens ich sollizitiere
du sollizitierst
er, sie, es sollizitiert
Präteritum ich sollizitierte
Konjunktiv II ich sollizitierte
Imperativ Singular sollizitiere!
sollizitier!
Plural sollizitiert!
Perfekt Partizip II Hilfsverb
sollizitiert haben
Alle weiteren Formen: Flexion:sollizitieren

Worttrennung:

sol·li·zi·tie·ren, Präteritum: sol·li·zi·tier·te, Partizip II: sol·li·zi·tiert

Aussprache:

IPA: [zɔlit͡siˈtiːʁən]
Hörbeispiele: Lautsprecherbild sollizitieren (Info)
Reime: -iːʁən

Bedeutungen:

[1] veraltet, im Rahmen der Rechtsprechung informell: nachsuchen, um Rechtshilfe bitten
[2] Philosophie: hervorrufen, veranlassen

Herkunft:

von dem lateinischen Verb sollicitare → la „zu etwas veranlassen, anregen, reizen“,[1] welches aus sollus → laganz, völlig“ und citare → laherbeirufen, anrufen, in Bewegung setzen, veranlassen“ zusammengesetzt ist[2] (vergleiche sollicitus → la)

Sinnverwandte Wörter:

[1] betreiben, nachsuchen
[2] anregen, hervorbringen, hervorrufen, veranlassen, verleiten

Beispiele:

[1] «Sollizitieren», ein Bittgesuch einreichen, hatte einen schlüpfrigen Beigeschmack. Während der Karnevalszeit 1737, im Februar, kamen bei Dunkelheit zwei maskierte Frauen zu Süß in sein Palais, zum «Sollizitieren».[3]
[1] Da wir aber eben nach Wien reisen wollten, um bei Hofe um einigen Ersatz meines ehemaligen Güterverlustes zu sollizitieren und der Monarchin Gnade zu benützen, starb die große Theresia, und alle unsere Hoffnung war wieder vereitelt.[4]
[1] „Jahrhunderts, begegnen uns Personen, die ein Gewerbe daraus machten, zu ‚sollizitieren‘, auf Erledigung der Prozesse zu dringen.“[5]
[1] „Das Sollizitieren war für die Parteien unerlässlich. Als die Überlastung des notorisch unterbesetzten Gerichts im Laufe des 17. Jahrhunderts wuchs, die Zahl der unbearbeiteten Akten immer größer und die formal vorgeschriebene Reihenfolge der Prozessbearbeitung immer illusorischer wurde, zog man die Konsequenz, die eigentlich informale Praxis geradezu zur verfassungsrechtlichen Norm zu erheben.“[6]
[1] „Zwar nicht das ausländerfeindliche Resultat, wohl aber das Verfahren, das dazu führt, sollizitiert und billigt die Politik.“[7]
[2] Für uns aber war, wie oben erinnert, auch noch dies, daß an sich die Unterschiede als Unterschiede des Inhalts und der Form verschwanden und auf der Seite der Form dem Wesen nach das Tätige, Sollizitierende oder Fürsichseiende dasselbe [war], was auf der Seite des Inhalts als in sich zurückgedrängte Kraft; das Passive, Sollizitierte oder für ein Anderes Seiende auf der Seite der Form dasselbe, was auf der Seite des Inhalts als allgemeines Medium der vielen Materien sich darstellte.[8]
[2] Nomadenvölker entwickeln zuerst die Geldform, weil all ihr Hab und Gut sich in beweglicher, daher unmittelbar veräußerlicher Form befindet, und weil ihre Lebensweise sie beständig mit fremden Gemeinwesen in Kontakt bringt, daher zum Produktenaustausch sollizitiert.[9]
[2] „Die Kraft ist so in ihrem Begriffe zuerst bestimmt als sich aufhebende Identität und in ihrer Realität die eine der beiden Kräfte als sollizitierend und die andere als sollizitiert.“[10]

Wortbildungen:

Sollizitant (Bittsteller), Sollizitation (Bittgesuch), Sollizitator (Anwalt)

Übersetzungen[Bearbeiten]

[1] Digitales Wörterbuch der deutschen Sprache „sollizitieren
[1] Duden online „sollizitieren
[1] Brockhaus’ Kleines Konversations-Lexikon (5. Auflage 1911) „sollizitieren

Quellen:

  1. Dieter Baer und wissenschaftlicher Rat der Dudenredaktion; Wissenschaftlicher Rat der Dudenredaktion (Herausgeber): Duden, Das große Fremdwörterbuch. Herkunft und Bedeutung der Fremdwörter. 2. Auflage. Dudenverlag, Mannheim/Leipzig/Wien/Zürich 2000, ISBN 3-411-04162-5
  2. Bertelsmann Deutsches Wörterbuch (online)
  3. Joseph Süß Oppenheimer, genannt Jud Süß, Hellmut G. Haasis, 1998. Abgerufen am 27. Juni 2016.
  4. Lebensgeschichte, Friedrich von der Trenck. Abgerufen am 27. Juni 2016.
  5. Strafrechtliche Abhandlungen, Ausgaben 121-124, 1910. Abgerufen am 17. Mai 2019.
  6. Die Frühe Neuzeit. Revisionen einer Epoche, herausgegeben von Andreas Höfele, Jan-Dirk Müller, Wulf Oesterreicher. Abgerufen am 17. Mai 2019.
  7. Digitales Wörterbuch der deutschen Sprache „sollizitieren“, dort zitiert aus: Marxistische Zeit- und Streitschrift 1980-1991, München
  8. Georg Wilhelm Friedrich Hegel: Werke. Band 3, Frankfurt am Main 1979, Seite 107-137. http://www.zeno.org/Philosophie/M/Hegel,+Georg+Wilhelm+Friedrich/Phänomenologie+des+Geistes/A.+Bewußtsein/III.+Kraft+und+Verstand,+Erscheinung+und+übersinnliche+Welt (online)
  9. Karl Marx - Friedrich Engels - Werke, Band 23, „Das Kapital“, Bd. I, Erster Abschnitt, Seite 99 - 108 http://www.mlwerke.de/me/me23/me23_099.htm (online)
  10. Wissenschaft der Logik, Georg Wilhelm Hegel. Abgerufen am 17. Mai 2019.