nasse Sache

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nasse Sache (Deutsch)[Bearbeiten]

Substantiv, f, Wortverbindung, adjektivische Deklination[Bearbeiten]

starke Deklination ohne Artikel
Singular Plural
Nominativ nasse Sache nasse Sachen
Genitiv nasser Sache nasser Sachen
Dativ nasser Sache nassen Sachen
Akkusativ nasse Sache nasse Sachen
schwache Deklination mit bestimmtem Artikel
Singular Plural
Nominativ die nasse Sache die nassen Sachen
Genitiv der nassen Sache der nassen Sachen
Dativ der nassen Sache den nassen Sachen
Akkusativ die nasse Sache die nassen Sachen
gemischte Deklination (mit Possessivpronomen, »kein«, …)
Singular Plural
Nominativ eine nasse Sache keine nassen Sachen
Genitiv einer nassen Sache keiner nassen Sachen
Dativ einer nassen Sache keinen nassen Sachen
Akkusativ eine nasse Sache keine nassen Sachen

Worttrennung:

nas·se Sa·che, Plural: nas·se Sa·chen

Aussprache:

IPA: [ˌnasə ˈzaxə]
Hörbeispiele: Lautsprecherbild nasse Sache (Info)

Bedeutungen:

[1] sondersprachlich (Jargon einiger Geheim- und Nachrichtendienste; russische Gaunersprache): Maßnahmen, die die Planung und/oder Durchführung einer Liquidation von einer oder mehreren Zielpersonen umfassen

Herkunft:

  • strukturell:
Deckwort bestehend aus dem Adjektiv nass und dem Substantiv Sache
Es handelt sich um eine Lehnübersetzung des russischen Begriffs мокрое дело (mokroe delo→ ru aus dem sowjetischen Geheimdienst-Jargon, mit dem alle nachrichtendienstlichen Operationen, bei denen Blut fließt oder fließen kann, bezeichnet wurden: dies konnte politische Morde und Entführungen umfassen.[1]

Oberbegriffe:

[1] Liquidation, Liquidierung

Beispiele:

[1] „Die Folge sind tödliche Feindschaften, die früher oder später, in der Freiheit, im Gefängnis oder im Lager, als ‚nasse Sache‘, das heißt mit Mord, zu enden pflegen.“[2]
[1] „Im Westen ist es festgestellt worden, daß alle »aktiven Maßnahmen« sowie alle »nassen Sachen« (in russisch: »mokrie dela«), die alle nachrichtendienstlichen Operationen umfassen, bei denen »Blut fließt oder fließen kann« im KGB-Jargon, nur im Auftrage des Politbüros des ZK der Sowjetunion sowie ihrer Verbündeten ausgeführt werden, in Abstimmung und in direkter Zusammenarbeit mit den Abteilungen A und V der Ersten Hauptverwaltung des KGB.“[3]
[1] „Für solche ‚nassen Sachen‘, wie Mordaktionen im östlichen Geheimdienstjargon hießen, soll nach Erkenntnissen des BND die Stasi-Hauptabteilung I, Abteilung Äußere Abwehr, zuständig gewesen sein.“[4]
[1] „Bisher ist es den Ermittlern nur in einem einzigen Fall gelungen, Stasi-Offizieren ähnliche ‚nasse Sachen‘, wie Mordpläne im Geheimdienstjargon genannt werden, nachzuweisen.“[5]
[1] „Wenn Blut vergossen wird, dann nennt man das eine ‚nasse Sache‘.“[6]
[1] „Die ‚nassen Sachen‘ (mokroje djelo), wie solche Verbrechen im Branchenjargon heißen, werden fast nie aufgeklärt, obwohl sich fast die Hälfte der Kriminalbeamten im Morddezernat an der Petrowka-Straße 38 mit Auftragsmord beschäftigen.“[7]
[1] „Wenn Jürgen G. denn der Mann für die ‚nassen Sachen‘ war, wie Liquidierungen im Geheimdienstjargon heißen, dann gehörte seine Existenz zu den am besten gehüteten Geheimnissen der DDR, getarnt durch einen unspektakulären Lebenslauf.“[8]
[1] „Zuständig für solche ‚nassen Sachen‘ war vor allem die harmlos klingende ‚AGM/S‘, die ‚Arbeitsgruppe des Ministers/Sonderfragen‘, eine Spezialtruppe, die 1988 über 623 Sonderkämpfer verfügt.“[9]
[1] „Im Ministerium für Staatssicherheit (MfS) der DDR war Neiber der Mann für die ‚nassen Sachen‘, für Geheimdienstoperationen, bei denen Blut fließt.“[10]
[1] „Für einen Geheimdienst ist es immer peinlich, wenn eine Operation ruchbar wird, umso mehr, wenn sie das enthält, was man im Spionage-Jargon ‚nasse Sachen‘ nennt - also Ermordungen.“[11]
[1] „Ihre Aufgabe: die ‚nasse Sache‘ vorzubereiten: eine Liquidation.“[12]
[1] „Zwei Tage später, am Abend des 27. Dezember, setzt sich ein Sturmtrupp Richtung Innenstadt in Marsch, an seiner Spitze Einheiten des sowjetischen Geheimdienstes KGB unter Führung von Oberst G. I. Bojarinow, dem Leiter des Schulungszentrums für Sonderoperationen der berüchtigten Achten Abteilung des KGB, die für ‚nasse Sachen‘ (mokryje dela) zuständig ist - für Attentate und Sabotage.“[13]
[1] „Tatsächlich ist bis heute nicht klar, ob Wax nicht auch für die «nassen Sachen» des MfS, die gezielten Mordanschläge, verantwortlich zeichnete.“[14]
[1] „‚Nasse Sachen‘ war die zynische Bezeichnung des MfS für Gewalt gegen unliebsame Regimegegner. Auch vor Mord schreckten die Dunkelmänner nicht zurück.“[15]
[1] „Und sie beherrschten die ‚nassen Sachen‘, wie das lautlose Töten und der Bau von Sprengfallen im Geheimdienstjargon genannt wurden. Aus dem Stasi-Aktenarchiv sind fast alle Unterlagen über die heiklen ‚nassen Sachen‘ verschwunden.“[16]
[1] „Als in ‚nassen Sachen‘ erfahrener Geheimdienstler organisierte er im Mai 1940 einen Anschlag auf Trotzki.“[17]

Übersetzungen[Bearbeiten]

Quellen:

  1. Friedrich Wilhelm Schlomann: Operationsgebiet Bundesrepublik. Spionage, Sabotage und Subversion. Universitas Verlag, München ©1984, ISBN 3-8004-1060-5, Seite 288–289 (Zitiert nach Google Books).
  2. Sylvia List: Schilderung eines russischen Milieus, das es offiziell nicht gibt: Sowjetische Mafia. Zu Michail Djomins „Die Tätowierten“. In: DIE ZEIT. Nummer 27, 29. Juni 1973, ISSN 0044-2070 (ZEIT-Archiv URL, abgerufen am 7. Dezember 2014).
  3. Jean-Paul Picaper, Günter Oeltze von Lobenthal (Herausgeber): Für ein Deutschland in der Zukunft. Colloquium Verlag, Berlin ©1986, ISBN 3-7678-0680-0, Seite 94 (Zitiert nach Google Books).
  4. Wir finden dich überall. In: DER SPIEGEL. Nummer 34/1990, 20. August 1990, ISSN 0038-7452, Seite 67 (PDF, DER SPIEGEL Archiv-URL, abgerufen am 7. Dezember 2014).
  5. Stasi: So ein Ding. In: DER SPIEGEL. Nummer 21/1993, 24. Mai 1993, ISSN 0038-7452, Seite 93 (PDF, DER SPIEGEL Archiv-URL, abgerufen am 7. Dezember 2014).
  6. Hans Halter: Berlin, Hauptstadt der Agenten. Der Kalte Krieg und seine Schauplätze. In: Spiegel special. Nummer 1/1996, 1. Januar 1996 (URL, abgerufen am 7. Dezember 2014).
  7. Erich Wiedemann: RUSSLAND: „Wir sind Sanitäter der Gesellschaft“. In: DER SPIEGEL. Nummer 46/1997, 10. November 1997, ISSN 0038-7452, Seite 180 (PDF, DER SPIEGEL Archiv-URL, abgerufen am 7. Dezember 2014).
  8. Georg Mascolo, Sven Röbel, Holger Stark: GEHEIMDIENSTE: Serienkiller ohne Leichen. In: DER SPIEGEL. Nummer 40/2003, 29. September 2003, ISSN 0038-7452, Seite 44 (PDF, DER SPIEGEL Archiv-URL, abgerufen am 7. Dezember 2014).
  9. Klaus Behling: Kundschafter a. D. Das Ende der DDR-Spionage. Hohenheim Verlag, Stuttgart/Leipzig 2003, ISBN 3-89850-098-5, Seite 154 (Zitiert nach Google Books).
  10. GESTORBEN: Gerhard Neiber. In: DER SPIEGEL. Nummer 8/2008, 18. Februar 2008, ISSN 0038-7452, Seite 166 (PDF, DER SPIEGEL Archiv-URL, abgerufen am 7. Dezember 2014).
  11. Yassin Musharbash: Spionage: Israel soll iranische Atom-Wissenschaftler ermordet haben. In: Spiegel Online. 17. Februar 2009, ISSN 0038-7452 (URL, abgerufen am 7. Dezember 2014).
  12. Sehen wir hier Mossad-Killer und ihr Opfer? In: Hamburger Morgenpost. 20. Februar 2009, Seite 2–3.
  13. Henning Sietz: Der Krieg, der nicht zu gewinnen war. Die Intervention der Sowjets in Afghanistan 1979 führte ins totale Desaster. In: Zeit Online. 24. Februar 2009, ISSN 0044-2070 (URL, abgerufen am 7. Dezember 2014).
  14. Bernd Stöver: Zuflucht DDR. Spione und andere Übersiedler. C. H. Beck, München 2009, ISBN 978-3-406-59100-6, Seite 258 (Zitiert nach Google Books).
  15. Martin Geiger: „Nasse Sachen“: Die Schattenwelt der Stasi. In: Berliner Kurier. 11. Juni 2011 (URL, abgerufen am 7. Dezember 2014).
  16. Christa Zöchling, Andreas Förster: Erschießen mittels Beretta schallgedämpft. Stasi plante 1984 die Ermordung eines Ex-Flüchtlings in Kärnten. In: Profil Online. 20. August 2011 (URL, abgerufen am 3. Oktober 2017).
  17. Uwe Klußmann: Stalins Spion Josef Grigulewitsch: Botschafter unter falscher Flagge. In: Spiegel Online. 5. November 2013, ISSN 0038-7452 (URL, abgerufen am 7. Dezember 2014).
  18. 18,0 18,1 18,2 Jonathon Green: Dictionary of Jargon. Routledge, 2013 (Routledge Revivals), ISBN 978-1-317-90817-3, Seite ‹ohne Seitenangabe› (E-Book; zitiert nach Google Books).
  19. Nadine Marie-Schwartzenberg: Le KGB (des origines à nos jours). 1. Auflage. Presses universitaires de France, Paris 1993 (Que sais je?; 2757), Seite 78 (Zitiert nach Google Books).
  20. Michael Barry: Massoud. De l’islamisme à la liberté. Louis Audibert, Paris 2002, ISBN 978-2-84749-002-2, Seite 280 (Zitiert nach Google Books).
  21. Roland Jacquard: Les Dossiers secrets du terrorisme. Tueurs sans frontières. Albin Michel, Paris ©1985, Seite 241 (Zitiert nach Google Books).
  22. אלעזר ננס‎: האיש שלא נכנע‎. מכון היכל מנחם‎, ירושלים‎1997, Seite 224 (Zitiert nach Google Books).