die Revolution frisst ihre eigenen Kinder

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die Revolution frisst ihre eigenen Kinder (Deutsch)[Bearbeiten]

Geflügeltes Wort[Bearbeiten]

Nebenformen:

veraltet: die Revolution verschlingt ihre eigenen Kinder

Worttrennung:

die Re·vo·lu·ti·on frisst ih·re ei·ge·nen Kin·der

Aussprache:

IPA: [ˌdiː ʁevoluˌt͡si̯oːn fʁɪst ˌʔiːʁə ˈʔaɪ̯ɡənən ˈkɪndɐ]
Hörbeispiele: Lautsprecherbild die Revolution frisst ihre eigenen Kinder (Info)

Bedeutungen:

[1] im Gang der Ereignisse bleiben ihre Initiatoren leicht auf der Strecke oder - ins Abstrakte gewendet - etwas schlägt nach positiven Ansätzen schließlich ins Negative um und hebt sich selbst wieder auf oder zerstört sich[1][2]

Herkunft:

Dieses geflügelte Wort geht auf eine Textstelle in Georg Büchners Drama »Dantons Tod« zurück[1][2]. Dort heißt es:
„Ich weiß wohl, — die Revolution iſt wie Saturn, ſie frißt ihre eigenen Kinder.“[3][4]
Danton äußert diesen Gedanken wie in Vorahnung seines eigenen gewaltsamen Endes.[1][2]
Der diesem Zitat zugrunde liegende Ausspruch waren die letzten Worte des französischen Rechtsanwalts und Revolutionärs Pierre Vergniaud kurz vor seiner Hinrichtung am 31. Oktober 1793.[5] Er erlebte die Hinrichtung seiner politischen und persönlichen Freunde, wie Brissot, Gensonné, Boyer-Fonfréde oder Ducos und wurde als Letzter zum Schafott geführt.[5] Erschüttert sprach er diese berühmten letzten Worte[5]:
„Citoyens, il est à craindre que la révolution, comme Saturne, ne dévore successivement tous ses enfants et n’engendre enfin le despotisme avec les calamités qui l’accompagnent.“[6][7]
„Bürger, es steht zu befürchten, daß die Revolution wie Saturn nach und nach all ihre Kinder verschlingt und am Ende den Despotismus mit allem seinem Unheil gebiert.“[8]

Sinnverwandte Wörter:

[1] die Revolution entlässt ihre eigenen Kinder

Beispiele:

[1] „Drei Jahre später, als die Revolution ihre eigenen Kinder zu fressen begann, floh er allerdings ins Ausland, während seine Verwandten aus den Kreisen des französischen Hochadels scharenweise zum Schafott geführt wurden.“[9]
[1] „Doch schon im gleichen Jahr fraß die Revolution ihre eigenen Kinder: […].“[10]
[1] „Die Revolution fraß ihre eigenen Kinder auf dem Schafott, auf der ‚Guillotine‘, um genau zu sein … auch so ein technischer Erfinder, der Monsieur Guillotin, der das öffentliche Massaker nur ein bißchen schneller, einfacher und sicherer machen wollte. Ein Menschenfreund also.“[11]
[1] „Bleibt abzuwarten, ob die Revolution nicht ihre eigenen Kinder frißt.[12]
[1] „Dass die «Revolution ihre eigenen Kinder frisst», ist eine alte Weisheit.“[13]
[1] „Mitunter deutete sich durch Gestik und durch Dreispitz sogar schon die kommende Ära des Kaisers Napoleon an, die den Auswirkungen der Revolution – sie fraß bekanntlich ihre eigenen Kinder – ein Ende bereitete.“[14]
[1] „Die Revolution hat also mal wieder ihre eigenen Kinder gefressen.[15]

Übersetzungen[Bearbeiten]

[1] Werner Scholze-Stubenrecht et al.: Duden, Zitate und Aussprüche. Herkunft und aktueller Gebrauch. 7 500 Zitate, Aussprüche, Bonmots, Sentenzen und Aphorismen - von der klassischen Antike bis zur modernen Werbesprache, von der Bibel bis zum Fernsehfilm. In: Der Duden in 12 Bänden. Nach den Regeln der neuen deutschen Rechtschreibung überarbeiteter Nachdruck der 1. Auflage. Band 12, Dudenverlag, Mannheim/Leipzig/Wien/Zürich 1997, ISBN 3-411-04121-8, DNB 950682950, Stichwort »Die Revolution frißt ihre eigenen Kinder«, Seite 373.
[1] Dudenredaktion (Herausgeber): Duden, Das große Buch der Zitate und Redewendungen. 2. Auflage. Dudenverlag, Mannheim/Leipzig/Wien/Zürich 2007, ISBN 978-3-411-71802-3, Stichwort »Die Revolution frisst ihre eigenen Kinder«, Seite 644.
[*] Hans Werner Wüst: Zitate & Sprichwörter. Basserman in der Verlagsgruppe Random House GmbH, München 2010, ISBN 978-3-641-05062-7 (E-Book), Stichwort »Die Revolution frisst ihre eigenen Kinder«.
[*] Wikipedia-Artikel „Liste_geflügelter_Worte/D#Die_Revolution_frisst_ihre_eigenen_Kinder

Quellen:

  1. 1,0 1,1 1,2 Werner Scholze-Stubenrecht et al.: Duden, Zitate und Aussprüche. Herkunft und aktueller Gebrauch. 7 500 Zitate, Aussprüche, Bonmots, Sentenzen und Aphorismen - von der klassischen Antike bis zur modernen Werbesprache, von der Bibel bis zum Fernsehfilm. In: Der Duden in 12 Bänden. Nach den Regeln der neuen deutschen Rechtschreibung überarbeiteter Nachdruck der 1. Auflage. Band 12, Dudenverlag, Mannheim/Leipzig/Wien/Zürich 1997, ISBN 3-411-04121-8, DNB 950682950, »Die Revolution frißt ihre eigenen Kinder«, Seite 373.
  2. 2,0 2,1 2,2 Dudenredaktion (Herausgeber): Duden, Das große Buch der Zitate und Redewendungen. 2. Auflage. Dudenverlag, Mannheim/Leipzig/Wien/Zürich 2007, ISBN 978-3-411-71802-3, Stichwort »Die Revolution frisst ihre eigenen Kinder«, Seite 644.
  3. Georg Büchner: Dantons Tod. Dramatische Bilder aus Frankreichs Schreckensherrschaft. 1. Auflage. Druck und Verlag von J. C. Sauerländer, Frankfurt am Main 1835, Seite 41 (Zitiert nach Deutsches Textarchiv).
  4. Henri Poschmann, unter Mitarbeit von Rosemarie Poschmann (Herausgeber): Georg Büchner, Sämtliche Werke. Briefe und Dokumente in zwei Bänden. Die kommentierte Ausgabe des Deutschen Klassiker Verlags. 1. Auflage. Band 1: Georg Büchner, Dichtungen: Danton’s Tod • Leonce und Lena • Woyzeck • Lenz, Insel Verlag (insel taschenbuch), [Frankfurt am Main] 2002, ISBN 978-3-458-06653-8, Seite 31.
  5. 5,0 5,1 5,2 Deutscher Wikipedia-Artikel „Liste_geflügelter_Worte/D#Die_Revolution_frisst_ihre_eigenen_Kinder“ (Stabilversion)
  6. F. A. Mignet: Histoire de la Révolution française, depuis 1789 jusqu’en 1814. Première Partie. Troisième et seule édition, continuée jusqu’à la seconde rentrée du Roi, Aug. Wahlen et Compe., Imp.-Lib., Bruxelles 1824, Seite 252 (Zitiert nach Google Books).
  7. Jean-Louis Besson: Georg Büchner: Des sources au texte, Histoire d’une autopsie. Des essais de jeunesse à «La mort de Danton». Lang, Berne/Berlin/Francfort-s. Main/New York/Vienne 1992 (Contacts: Série 1, Theatrica; Volume 10), ISBN 978-3-261-04513-3, Seite 159, 230 (Zitiert nach Google Books).
  8. Henri Poschmann, unter Mitarbeit von Rosemarie Poschmann (Herausgeber): Georg Büchner, Sämtliche Werke. Briefe und Dokumente in zwei Bänden. Die kommentierte Ausgabe des Deutschen Klassiker Verlags. 1. Auflage. Band 1: Georg Büchner, Dichtungen: Danton’s Tod • Leonce und Lena • Woyzeck • Lenz, Insel Verlag (insel taschenbuch), [Frankfurt am Main] 2002, ISBN 978-3-458-06653-8, Seite 514 (Kommentar).
  9. LAFAYETTE: Das schwarze Schaf. In: DER SPIEGEL. Nummer 27/1956, 4. Juli 1956, ISSN 0038-7452, Seite 41 (PDF, DER SPIEGEL Archiv-URL, abgerufen am 7. Dezember 2014).
  10. ÄTHIOPIEN: Macht oder Tod. In: DER SPIEGEL. Nummer 7/1977, 7. Februar 1977, ISSN 0038-7452, Seite 91 (PDF, DER SPIEGEL Archiv-URL, abgerufen am 7. Dezember 2014).
  11. Inge von Wangenheim: Der goldene Turm. Eine Woche Paris. 1. Auflage. Greifenverlag, Rudolstadt 1988, ISBN 3-7352-0109-1, Seite 9 (Zitiert nach Google Books).
  12. „Wer mitreden will, muß auch persönlich haften!“ In: Die Presse. 8. August 1996.
  13. Inka Benz: Wenn «Top Dogs» selbst schleudern. In: St. Galler Tagblatt. 10. April 2000.
  14. „Dantons Tod“ kam im Zirkuskarren. In: Braunschweiger Zeitung. 27. April 2006.
  15. Senta Krasser: Gutshaus, schlechtes Haus. Mit der Doku-Serie „Abenteuer 1900“ attackiert die ARD am umkämpften Vorabend die privaten Konkurrenten. In: sueddeutsche.de. 9. Dezember 2008, ISSN 0174-4917 (URL, abgerufen am 7. Dezember 2014).