Zigeuner

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Zigeuner (Deutsch)

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Substantiv, m

Singular Plural
Nominativ der Zigeuner die Zigeuner
Genitiv des Zigeuners der Zigeuner
Dativ dem Zigeuner den Zigeunern
Akkusativ den Zigeuner die Zigeuner

Anmerkung:

„Zigeuner“ ist eine diffuse Fremdbezeichnung für Angehörige von Gruppen am Rand der Mehrheitsgesellschaft. Sie ist Träger von Klischees, die überwiegend stark abwerten, aber auch romantisch überhöhen können. Sie unterstellen eine kollektive abweichende Persönlichkeit. „Zigeuner“ dient in weiter soziografischer Definition als Etikett so unterschiedlicher Gruppen wie der Roma, nonkonformistischer Künstler („Bohemiens“)[1] oder mehrheitsgesellschaftlicher Randgruppen. In einer engen ethnischen Definition meint „Zigeuner“ Roma. Der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma lehnt diese Gleichsetzung ab. „Zigeuner“ sei rassistisch und als Ausschlusskategorie im Nationalsozialismus diskreditiert. Eine Minderheit verwendet den Begriff „Zigeuner“ aber weiter für sich selbst oder lehnt ihn zumindest nicht ab.[2] In der Sprache der Politik, des Rechts, der Medien und der Verwaltung wird „Zigeuner“ anders als im nichtelaborierten Alltagsdiskurs heute nicht mehr verwendet.

Worttrennung:

Zi·geu·ner, Plural: Zi·geu·ner

Aussprache:

IPA: [t͡siˈɡɔɪ̯nɐ]
Hörbeispiele: Lautsprecherbild Zigeuner (Info)
Reime: -ɔɪ̯nɐ

Bedeutungen:

[1] gegebenenfalls abwertend: Fremdbezeichnung, die auf Angehörige der Roma und auf Jenische angewendet wird
[2] abwertend: unordentlicher, fauler und unsteter Mensch
[3] abwertend: nonkonformistischer Künstler
[4] gegebenenfalls abwertend: Angehöriger einer marginalisierten „unsteten“ mehrheitsgesellschaftlichen Bevölkerungsgruppe
[5] romantisierend, symbolisch: Personifizierung von Freiheit, Natürlichkeit, Sinnlichkeit und/oder Musikalität
[6] Mykologie: Trivialname einiger Pilze:
[a] des Reifpilzes
[b] des flockenstieligen Hexenröhrlings

Herkunft:

Das Wort ist seit dem Beginn des 15. Jahrhunderts im mitteleuropäischen Sprachraum belegt;[3]

Weibliche Wortformen:

[1–5] Zigeunerin

Oberbegriffe:

[1–5] Mensch
[6] Pilz

Unterbegriffe:

[3] Bohemien, Kulturzigeuner, Wanderzigeuner
[5] Bohemien, Lebenskünstler

Beispiele:

[1] „Juden, Armenier und Zigeuner wohnen bei anderen Völkern gleichsam zur Miete.“[5]
[1] „Eines Morgens nun erschienen die beiden Zigeuner nicht wieder auf Neuhof, was auch bedeuten konnte, daß sie einer anderen Arbeit zugeteilt worden waren.“[6]
[1] „Die Zigeuner hatten sich noch weiter zurückgezogen als am Vortage.“[7]
[1] „Gespenster wie die Verachtung der Zigeuner lassen sich vertreiben, wenn man sie aus der Nacht des Hasses und der Feindlichkeit gegenüber dem Fremden und Anderen ans Licht zerrt.“[8]
[2] „Zick-Zack-Zigeunerpack!“ (Fanspruch an die gegnerische Mannschaft in Fußballstadien)
[3] „Diese Bohèmes, Pferdeverkäufer der Seele, Roßtäuscher des Geistes, … waren ihre gegenseitigen Markthändler, welche, nach Art der Zigeuner, ihre aufgestutzten Schindgäule aneinander verkauften.“[9]
[4, 5] „Besonders bei Reiseveranstaltern und Reiseschriftstellern ist die Bezeichnung 'See-Zigeuner' [für verschiedene südostasiatische ethnische Gruppen] recht verbreitet.“[10]
[5] „Dann kam der Abend, es wurde ein Feuer entfacht, la, la, la, und die Zigeuner, sie haben getanzt und gelacht, la, la, la.“[11]
[6a] „Dieser äußerst angenehm schmeckende Pilz, im Volksmunde unter dem Namen »Zigeuner«, sonst auch als Runzel-Schüppling bekannt, wächst vom August bis zum November truppweise in moosgründigen Laub- und Nadelwäldern. “[12]

Wortbildungen:

Substantive: Zigeunerapfel, Zigeunerart, Zigeunerbaron, Zigeunerdur, Zigeunerfeindlichkeit, Zigeunerforschung, Zigeunerfrage, Zigeunergulasch, Zigeunerhauptmann, Zigeunerhorde, Zigeunerhuhn, Zigeunerjazz, Zigeunerjude, Zigeunerjunge, Zigeunerkapelle, Zigeunerkarte, Zigeunerkartei, Zigeunerkind, Zigeunerkönig, Zigeunerkunde, Zigeunerlager, Zigeunerlauch, Zigeunerleben, Zigeunerliebchen, Zigeunerlied, Zigeunermädchen, Zigeunermischling, Zigeunermoll, Zigeunermusik, Zigeunerpack, Zigeunerpilz, Zigeunerplage, Zigeunerpolitik, Zigeunerprimas, Zigeunerproblem, Zigeunerromantik, Zigeunersauce, Zigeunerschnitzel, Zigeunersippe, Zigeunersoße, Zigeunersprache, Zigeunerstock, Zigeunertanz, Zigeunertonleiter, Zigeunertopf, Zigeunertum, Zigeunerverfolgung, Zigeunerwagen, Zigeunerweise, Zigeunerwirtschaft[13], Zigeunerwissenschaft, Zigeunerzentrale
Verben: zigeunern, herumzigeunern
Adjektive: zigeunerfrei, zigeunerhaft, zigeunerisch

Übersetzungen

[1] Wikipedia-Artikel „Zigeuner
[6a] Wikipedia-Artikel „Reifpilz
[6b] Wikipedia-Artikel „Flockenstieliger Hexenröhrling
[*] Uni Leipzig: Wortschatz-PortalZigeuner
[1, 5, 6b] Jacob Grimm, Wilhelm Grimm: Deutsches Wörterbuch. 16 Bände in 32 Teilbänden. Leipzig 1854–1961 „Zigeuner
[1–4] Digitales Wörterbuch der deutschen Sprache „Zigeuner
[1–4] The Free Dictionary „Zigeuner
[1, 2] Duden online „Zigeuner
[1, 2] PONS – Deutsche Rechtschreibung „Zigeuner
[1, 2] Wahrig Großes Wörterbuch der deutschen Sprache „Zigeuner“ auf wissen.de
[*] Online-Wortschatz-Informationssystem Deutsch – elexiko „Zigeuner
[1] Anja Lobenstein-Reichmann, Zur Stigmatisierung der 'Zigeuner' in Werken kollektiven Wissens am Beispiel des Grimmschen Wörterbuchs, in: Herbert Uerlings/Iulia-Karin Patrut (Hrsg.), 'Zigeuner' und Nation. Repräsentation-Inklusion-Exklusion, Frankfurt a. M. et alt 2008, Seite 589-629
[6a] Theodor C. H. Cole: Wörterbuch der Lebensmittel - dictionary of foods, Seite 152, Heidelberg, Berlin, New York (Springer) 2010, ISBN 3827419921

Quellen:

  1. Anna-Lena Sälzer, Arme, Asoziale, Außenseiter. Künstler- und 'Zigeuner'Diskurse von 1900 bis zum Nationalsozialismus, in: Herbert Uerlings/Iulia-Karin Patrut (Hrsg.), 'Zigeuner' und Nation. Repräsentation-Inklusion-Exklusion, Frankfurt a. M. et alt 2008, Seite 203-230.
  2. Arno Frank, Thomas Schmoll: »Wir müssen aus dieser Opferrolle raus«. In: SPIEGEL Online. 6. März 2021, abgerufen am 26. November 2022.
  3. Rüdiger Vossen, Zigeuner. Roma, Sinti, Gitanos, Gypsies zwischen Verfolgung und Romantisierung, Frankfurt a. M./Berlin/Wien 1983, Seite 24 ff.
  4. Viorel Achim: The Roma in Romanian History, Bukarest et alt. 2004, Seite 9.
  5. Friedrich Ratzel, Erdenmacht und Völkerschicksal, eine Auswahl aus seinen Werken, hrsg. von Karl Haushofer, Stuttgart 1940, Seite 240.
  6. Ralph Giordano: Die Bertinis. Roman. 22. Auflage. Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt/M. 2008, ISBN 978-3-596-25961-8, Seite 578f.
  7. Jan Graf Potocki: Die Handschrift von Saragossa oder Die Abenteuer in der Sierra Morena. Roman. Gerd Haffmans bei Zweitausendeins, Frankfurt/Main 2003, Seite 164. Übersetzung von 1962 des teils französischen (1805-14), teils polnischen Originals (1847).
  8. Klaus-Michael Bogdal: Europa erfindet die Zigeuner. Eine Geschichte von Faszination und Verachtung. Suhrkamp, Berlin 2011, ISBN 978-3-518-42263-2, Zitat Seite 17.
  9. Leopold Hubermann, Bohême, Heidelberg 1913, Seite 14 f.
  10. Rüdiger Benninghaus, "See-Zigeuner", in: Nevipe. Rundbrief des Rom e. V., Nr. 31, Februar 2009, Seite 3-6, hier: Seite 4.
  11. Alexandra, Zigeunerjunge (1967), siehe: [1].
  12. Franz Bley: Botanisches Bilderbuch für Jung und Alt. Zweiter Teil. In: Projekt Gutenberg-DE. Verlag von Gustav Schmidt, 1897, Scheiden-Runzling, Rozítes caperáta Pers. (URL, abgerufen am 20. Dezember 2021).
  13. Jacob Grimm, Wilhelm Grimm: Deutsches Wörterbuch. 16 Bände in 32 Teilbänden. Leipzig 1854–1961 „Zigeunerwirtschaft“.

Ähnliche Wörter (Deutsch):

ähnlich geschrieben und/oder ausgesprochen: Zikade
Anagramme: zigeunre


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cigogne