Diskussion:elisabethanisch

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Diskussionsbeitrag[Bearbeiten]

Von Daniel Scholten stammt ein Video zur Betonung von buchhalterisch (Búchhalterisch oder buchhaltérisch?): „Als wäre die Betonung des Deutschen nicht ohnehin ein Rätsel, sind dann auch noch die Wörter auf -isch – und da gehört leider unser Tageskandidat búchhalterisch/buchhaltérisch mit dazu – noch das Sahnehäubchen auf dieser ganzen Sache. Die werden in der wissenschaftlichen Forschung, wenn also Veröffentlichungen gemacht werden zur Betonung des Deutschen, auch noch ausgeklammert, […] die Autoren vergessen sie vorsätzlich, […] als gäbe es sie gar nicht, dabei sind es ziemlich viele im Deutschen. […] Oder sie sagen, dass sie es ausklammern, weil ihnen diese Wörter oft zu lang sind und sie Angst haben, dass sie das von der Ermittlung der eigentlichen Hauptregel ablenken würde. Ich glaube allerdings, dass das ein Fehler ist, wir werden nämlich gleich sehen, wenn wir mal versuchen, das so hinzurendern, wie das das Sprachzentrum wohl so macht, dass das wahrscheinlich eigentlich der Weg zum Gral ist.“

Hier wieder sein übliches Gerede vom Sprachzentrum (im Gegensatz zum Verstand). Wird an ein Wort das Suffix -isch gehängt, so ändert sich die Stelle, an der die Betonung ansetzt, eigentlich nicht. Es heißt Sáchwalter und daher sáchwalterisch, Búchhalter und daher búchhalterisch. Die Betonung von algebraisch (trotz Algebra) und ätherisch (trotz Äther) folgt dem lateinischen Schema, manche sprechen nun buchhalterisch wie ein Latinismus mit betontem [] statt unbetontem [ə] (vgl. Lappalie, Pauschale, schnabulieren), schon in Schlecht Deutsch: Eine lustige und lehrreiche Kritik unserer neuhochdeutschen Mundunarten von Armin Brunner (1895) steht „dieses sogar mit dem Ton auf der dritten Silbe duldet“. Im Handbuch zur lateinischen Sprache des Mittelalters von Peter Stolz ist übrigens tatsächlich buchhaltericus als neulateinisch verzeichnet. Im Russischen werden mit dem Suffix -иj Abstrakta aus Berufsbezeichnungen abgeleitet, bei denen die Silbe vor dem Suffix betont ist; so kommt бухгалтерия buhgaltériâ „Buchhaltung“ (von бухгалтер buhgálter „Buchhalter“) – wie материя matériâ „Materie“ – zustande. Litauisch buhalterinis „buchhalterisch“ – ähnlich eterinis „ätherisch“ – wird im Gegensatz zu russisch бухгалтерский buhgálterskij meines Wissens auf der dritten Silbe betont.

Wie sieht es mit der Nebenbetonung aus (diese Frage können wir uns auch bei Derivaten mit -ität, -ie und dergleichen stellen)? Ich denke, dass das unterschiedlich gemacht werden kann, wobei sowohl die Betonung des Lexems dahinter als auch der Rhythmus eine Rolle spielen kann.

Für Scholten ist allein der rhythmische Aspekt entscheidend: „Die letzte Silbe ist, wenn man Trochäen möchte und hinten beginnt, am besten eine unbetonte Silbe, machen wir also mal ein Kreuz hin, und das ist zwingend, deswegen habe ich es lila gemacht, denn alle Wörter auf -isch, da ist die hintere Silbe -isch immer unbetont. So, jetzt möchte ich einen Trochäus bekommen, wird also jetzt spätestens Zeit, dass ich mal eine Betonung einbaue. Die kommt also hier. Und wenn man jetzt im Duden zum Beispiel mal nachschlägt, da sind die Betonungen ja angegeben, da ist das die Betonung des Wortes. Der Duden ist damit zufrieden, das ist für ihn die ganze Miete. Für uns allerdings nicht, weil es ja noch drei Silben gibt vorne, und wir möchten einen ganzen Sprech- oder Betonungs-, Intonationsrhythmus haben. [Der Duden markiert die hauptbetonte Silbe! -- Ivan] Wenn wir nämlich das Wort mal skandieren – gra MA ti KA lisch – werden wir feststellen, dass auch auf dem ma noch eine Betonung liegt. […] Das wundert uns nicht, dass die auf das ma fällt, weil wir jetzt noch einen zweiten Trochäus zustande bekommen. Das ist ja wunderbar. Und da vorne haben wir noch eine unbetonte Silbe. Das ist auch ein Trochäus, aber weil das Wort hier vorne zu Ende ist, wenn man von hinten nach vorne blickt, haben wir hier einen halben Trochäus nur, der ist unvollendet, denn das Wort beginnt erst bei gra, sodass die betonte Silbe, die gibt's nicht.“

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gra   ma   ti   ka   lisch

(Das Wort wird mit nur einem m eingeblendet, vielleicht weil nur ein [m] gesprochen wird; es ist nach Eisenbergs Terminologie ambisyllabisch.)

„Das wäre jetzt also unser Betonungsmodell. Und da wir Wissenschaftler sind, müssen wir das natürlich testen. […] am besten noch ein zweites Wort auf -isch […]. Wir fangen also wieder hinten an. Haben wir also eine unbetonte Silbe und die vorletzte, die Paenultima, die ist natürlich wieder betont. So. Wenn ich jetzt weitermache, dann hätte ich hier wieder eine unbetonte Silbe, und jetzt müsste wieder eine betonte folgen, auf dem sa, und dann kann ich diesmal den dritten Trochäus auch noch vollenden und hätte die Betonung E li SA be TA nisch. Wir sehen, es stimmt nicht. Wir würden nämlich sagen: e LI sa be TA nisch. […] Eine erste Annahme wäre vielleicht, da man ja auch Elísabeth sagt, dass deshalb hier diese Betonung auf dem li beibehalten wird, auch wenn da hinten noch ein Adjektiv draus abgeleitet wird. Das kann aber nicht stimmen, weil dann müsste auch das be betont sein, denn es heißt auch Elisa[beːt]. […] weil das lang gesprochen wurde traditionell, ist da auch noch eine Betonung drauf, und wir sehen, die hat sich auch verschoben bei dem Adjektiv. Das kann also nicht die Erklärung sein.“

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e   li   sa   be   ta   nisch

(Das Wort wird ohne h nach t eingeblendet, vielleicht als eine Art Lautschrift.)

Das kann sehr wohl ein Grund dafür sein, dass das so ausgesprochen wird, dann ist das be eben unbetont, weil es sonst zu einem Akzentzusammenstoß kommen würde und das be in Elisabeth allenfalls nebenbetont ist (eine traditionelle Aussprache auf [beːt] ist mir eigentlich unbekannt, ich sage [eˈliːzabɛt], nur wird in elisabethanisch nach dem Muster der deutschen Aussprache von Latinismen ein [e] gesprochen, da darauf in derselben Silbe kein Konsonant folgt), während die Betonung beim li erhalten bleibt, die nächste Silbe ist ja wieder unbetont.

„Die Erklärung lautet, dass die ersten beiden Silben in einem Wort nicht beide unbetont sein dürfen. Es muss spätestens auf der zweiten Silbe, von vorne gerechnet, eine Betonung folgen, sodass sich also, nachdem wir den Trochäus hinten haben, hier vorne mindestens auf der zweiten Silbe eine Betonung sein muss, und daraus ergibt sich dann, dass die beiden unbetont sein müssen, denn das sind ja hier verhüllte Silben, die haben keine Bedeutung. Da dürfen nicht zwei Betonungen direkt aufeinanderfolgen.“

Das erklärt nicht, warum ausgerechnet elisabethanisch statt elisabethanisch als trochäischer Dreiheber, den ich übrigens nicht für ausgeschlossen halte und wo ja auch eine der ersten beiden Silben betont ist, nämlich die erste. Scholten spricht Letzteres übertrieben aus, normal klingt es für mich gar nicht mal so schief. Krech/Stock haben „elˌɛktʁ̥ifitsˈiːʁ̥ʊŋ“, aber „ˌelɛktʁ̥itsiˈtɛːt“. Ist es denn wirklich so, dass es eher Eˌlektrifiˈzierung als ˌElektrifiˈzierung und gleichzeitig eher ˌElektriziˈtät als Eˌlektriziˈtät heißt? Bei grammatikalisch geben Krech/Stock erwartungsgemäß überhaupt keinen Nebenakzent an (so nur drei unbetonte Silben in Folge), bei Grammatikalität einen auf der ersten Silbe – hingegen heißt es ja Gramˈmatik (lateinisch gramˈmatica).

Der Ausspracheduden und Krech/Stock verzeichnen Elisabethanisch in Großschreibung. Natürlich gibt es das Wort wie viktorianisch in Kleinschreibung, wenngleich in Eigennamen wie Elisabethanisches Zeitalter großgeschrieben wird. Krech/Stock verzeichnen außerdem Elisabethan, im Englischen wird Elizabeth aber mit z geschrieben.

Im Übrigen heißt es nach Krech/Stock Elˌisabethˈanisch und Amˌerikanˈismus, aber ˌInsektologˈie (hier ließe sich mit der lateinischen Betonung von insectus argumentieren), Mˌuseologˈie und pˌersonifizˈieren. Eine Erhebung dazu wäre interessant.

„Bei Oberbürgermeister würde das schon gehen, aber nur deshalb, weil die beiden vorderen Elemente, die beiden Vordersilben ober- und bür-, die sind beide Lexeme oder Teile von so einem Lexem.“

Das Lexem ober- besteht aus zwei Silben ([ˈoː.bɐ]).


Für das Wiktionary ergiebig: Kónsens, Vúlkan, Ruhpólding. Intonatorischer und phonologischer Wandel im deutschen Wortschatz des 20./21. Jahrhunderts von Herbert Blume (auch buchhalterisch wird erwähnt). -- IvanP (Diskussion) 12:14, 9. Mai 2019 (MESZ)[Beantworten]