weiße Folter

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weiße Folter (Deutsch)[Bearbeiten]

Substantiv, f, Wortverbindung, adjektivische Deklination[Bearbeiten]

starke Deklination ohne Artikel
Singular Plural
Nominativ weiße Folter
Genitiv weißer Folter
Dativ weißer Folter
Akkusativ weiße Folter
schwache Deklination mit bestimmtem Artikel
Singular Plural
Nominativ die weiße Folter
Genitiv der weißen Folter
Dativ der weißen Folter
Akkusativ die weiße Folter
gemischte Deklination (mit Possessivpronomen, »kein«, …)
Singular Plural
Nominativ eine weiße Folter
Genitiv einer weißen Folter
Dativ einer weißen Folter
Akkusativ eine weißen Folter

Alternative Schreibweisen:

Schweiz und Liechtenstein: weisse Folter

Worttrennung:

wei·ße Fol·ter

Aussprache:

IPA: [ˌvaɪ̯sə ˈfɔltɐ]
Hörbeispiele: Lautsprecherbild weiße Folter (Info)

Bedeutungen:

[1] euphemistisch: Sammelbegriff unter dem alle Foltermethoden subsumiert werden, die keine unmittelbar sichtbaren Spuren am Körper des Opfers hinterlassen, jedoch auf dessen Psyche derart einwirken (mit dem Ziel das Opfer zu „brechen“), dass sie Traumata entwickeln, die nicht selten zu langzeitigen oder dauerhaften psychischen Schädigungen (posttraumatische Belastungsstörung) führen

Herkunft:

Deckwort bestehend aus dem Adjektiv weiß und dem Substantiv Folter

Synonyme:

[1] saubere Folter

Oberbegriffe:

[1] Folter, psychische Folter

Unterbegriffe:

[1] sensorische Deprivation (Reizentzug) durch Dunkelhaft in einer Camera silens, soziale Deprivation durch Isolationshaft, Kitzeln, Lärmfolter, erzwungener Sauerstoffmangel (durch simuliertes Ertrinken/simuliertes Ertränken: „Submarino“, Waterboarding; Masken), Scheinhinrichtung/Scheinexekution, Schlafentzug, Toilettenverbot, langwierige Zwangshaltung

Beispiele:

[1] „Für manche junge Menschen war es unerträglich, um die Existenz der Trakte zu wissen, zu wissen, daß dort im Namen des Volkes und nach dem Gesetz ‚weiße Folter' praktiziert wurde.“[1]
[1] „Salters Buch schmückt ein Bild der Gefangenen von Guantánamo unter weisser Folter.[2]
[1] „Die ‚weiße Folter‘ ist als solche zwar nicht anerkannt, aber höchst wirksam, und sie wird von der US-Armee derzeit bei den Gefangenen auf Guantánamo angewandt.“[3]
[1] „Dementsprechend hat in den 70er Jahren ein Trend zu ‚sauberer Folter‘ (auch: weiße Folter) eingesetzt.“[4]
[1] „Dies wird besonders deutlich anhand neuerer Formen der Folter, wie der bereits erwähnten “weißen Folter”, die nicht im direkten und umittelbarem Sinne gewaltsam auf den Körper einwirken, sondern eher indirekt, durch Isolationshaft des/der Gefangenen und durch geräuschabsorbierende Wandbeschichtungen, über den Entzug des sprachlich tonalen Weltbezugs die Persönlichkeit des Gefolterten zu zerstören versuchen.“[5]
[1] „Die Methode ist besonders beliebt bei Demokratien, die mit Terrorismus konfrontiert sind und nach weisser Folter suchen.“[6]
[1] „Wie leicht es uns fällt wegzuschauen, möchte ich am Beispiel einer Fallstudie illustrieren, nämlich an der Beteiligung von Psychologen an der Entwicklung und Durchführung von Methoden der sog. weißen Folter in Guantánamo.“[7]
[1] „In den seitdem veröffentlichten Verlautbarungen vermittelt die APA jedoch bis heute den Eindruck, dass sie die Diskussion um die Entwicklung und Durchführung von Techniken der ‚weißen Folter‘ nicht unmittelbar betreffe, dass es nur um Verfehlungen einzelner ‚schwarzer Schafe‘ gehe und dass ihre Ablehnung derartiger Verfahren stets unzweideutig gewesen sei.“[8]
[1] „Auch Methoden, die keine sichtbaren Spuren hinterlassen, sind international als ‚weiße Folter' anerkannt.“[9]
[1] „Es gibt jetzt eine neue Foltermethode, wir nennen es »weiße Folter«.“[10]
[1] „Schon 1842 protestierte der englische Schriftsteller Charles Dickens gegen die Isolationshaft und bezeichnete sie, da sie für gewöhnlich keine deutlich sichtbaren Spuren hinterlässt, als weiße Folter.[11]

Übersetzungen[Bearbeiten]

[1] Wikipedia-Artikel „Weiße Folter

Quellen:

  1. Peter-Jürgen Boock: Schwarzes Loch. Im Hochsicherheitstrakt. Originalausgabe, Rowohlt-Taschenbuch-Verlag, Reinbek bei Hamburg 1988 (rororo, 12505; rororo aktuell Essay), Seite 67 nach Gudrun Schwibbe: Erzählungen vom Anderssein. Linksterrorismus und Alterität. 1. Auflage. Waxmann, Münster 2013, ISBN 978-3-8309-7892-3, Seite 133 (E-Book; zitiert nach Google Books).
  2. Oliver Fahrni: Die Burg zieht die Zugbrücke hoch. Debatte: Das Ende des US-Imperiums? (1). In: WOZ Online. 3. April 2003 (URL, abgerufen am 8. Januar 2015).
  3. Denis Duclos: Nachbarn, Scanner, Zielobjekte. NEUE ÜBERWACHUNGSTECHNOLOGIEN IM ALLTAG. In: Le Monde diplomatique Online. Deutschsprachige Ausgabe. Nummer 7434, 13. August 2004 (übersetzt von Bodo Schulze), ISSN 1434-2561, Seite 5 (URL, abgerufen am 8. Januar 2015).
  4. Kay Bourcarde: Folter im Rechtsstaat? Die Bundesrepublik nach dem Entführungsfall Jakob von Metzler. Selbstverlag, Gießen 2004, ISBN 978-3-00-026733-8, Seite 22 f. (E-Book; URL: PDF 650 KB, abgerufen am 8. Januar 2015).
  5. Alfred Hirsch: Recht auf Gewalt? Spuren philosophischer Gewaltrechtfertigung nach Hobbes. Wilhelm Fink Verlag, München 2004, ISBN 3-7705-3869-2, Seite 190, Fußnote 387 (Zitiert nach Google Books).
  6. Thomas Isler: Rockmusik hilft Willen brechen. In: NZZOnline. 18. Dezember 2005, ISSN 0376-6829 (URL, abgerufen am 23. Januar 2015).
  7. Rainer Mausfeld: Foltern für das Vaterland. Über die Beiträge der Psychologie zur Entwicklung von Techniken der ‚weißen Folter‘. April 2009, Seite 2 (überarbeitete und mit Anmerkungen versehene Fassung eines Vortrags, der anläßlich des 60. Jahrestages der Verabschiedung der Universal Declaration of Human Rights im Dezember 2008 an den Universitäten Kiel, Jena und Potsdam gehalten wurde, URL: PDF 2,8 MB, abgerufen am 8. Januar 2015).
  8. Rainer Mausfeld: Psychologie, ,weiße Folter‘ und die Verantwortlichkeit von Wissenschaftlern. In: Psychologische Rundschau. Volume 60, Nummer 4, Oktober 2009, ISSN 0033-3042, DOI: 10.1026/0033-3042.60.4.229, Seite 236 (URL: PDF 92 KB, abgerufen am 8. Januar 2015).
  9. Alice C. Halmi: Zwangspsychiatrie: ein durch Folter aufrecht erhaltenes System. In: Irren-Offensive e. V. (Herausgeber): Irren-Offensive. 30 Jahre Kampf für die Unteilbarkeit der Menschenrechte. 1. Auflage. leibi.de, Neu-Ulm 2010, ISBN 978-3-940865-14-4, Seite 61 (Zitiert nach Google Books).
  10. Marian Brehmer (Interviewerin), Houshang Asadi (Interviewter): »Wir redeten von der Revolution, diese Generation redet von Freiheit«. In: zenith – Zeitschrift für den Orient. Onlineausgabe. 30. Juni 2011 (übersetzt von Bodo Schulze), ISSN 1439-9660 (URL, abgerufen am 8. Januar 2015).
  11. Dirk Schmidt: Motivation. 88 Strategien, Impulse und Tipps für eine hohe Selbstmotivation. 1. Auflage. Gabler, Wiesbaden 2011, ISBN 978-3-8349-2614-2, Seite 32 (Zitiert nach Google Books).
  12. Torture blanche. TERMIUM Plus®, la banque de données terminologiques et linguistiques du gouvernement du Canada, Bureau de la traduction, Travaux publics et Services gouvernementaux Canada, 18. April 2012, abgerufen am 18. Dezember 2014.