päpstlicher als der Papst sein

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päpstlicher als der Papst sein (Deutsch)[Bearbeiten]

Redewendung[Bearbeiten]

Nebenformen:

katholischer als der Papst sein

Worttrennung:

päpst·li·cher als der Papst sein

Aussprache:

IPA: [ˈpɛːpstlɪçɐ ˌʔals deːɐ̯ ˈpaːpst ˌzaɪ̯n], auch: [ˈpeːpstlɪçɐ ˌʔals deːɐ̯ ˈpaːpst ˌzaɪ̯n]
Hörbeispiele: Lautsprecherbild päpstlicher als der Papst sein (Info), auch: —

Bedeutungen:

[1] umgangssprachlich: sich (übertrieben) streng gerieren; strenger und unerbittlicher sein als die dazu berufene oder dafür verantwortliche Person

Herkunft:

Diese seit 1900 bezeugte Redewendung steht wohl im Zusammenhang mit der heftig angegriffenen Unfehlbarkeitserklärung des Papstes (1870) und mit dem Verhalten ihrer Verteidiger.[1][2]

Synonyme:

[1] katholischer als der Papst sein

Gegenwörter:

[1] ein Auge zudrücken

Beispiele:

[1] Jetzt sei mal nicht päpstlicher als der Papst! Das kann man noch gelten lassen.
[1] „Er war in diesem Punkte buchstäblich noch päpstlicher als der Papst.[3]
[1] „Als Legitimist ist er royalistischer als der König, als Katholik päpstlicher als der Papst, als Aristokrat, der er von Ahnen war, ist er ein Parvenü, der sich selber immer betitelt, als Schriftsteller vor der Ewigkeit in großer Parade drapiert er sich mit Gefühlen, die er zu haben glaubt, weil er sie schreibt, und weil er an nichts sonst glaubt – nicht einmal an das, was er tut –, an nichts sonst als an seine Worte.“[4]
[1] „Nehmen wir den großen Meister einmal beim Wort: Seines Erachtens darf die Malerei nicht ausschließlich visuell sein, nicht nur die Netzhaut ansprechen; er hat aber nicht gesagt, sie solle ausschließlich Objekt-, Konzept-, Industrie- oder minimalistische Kunst sein, die gänzlich ohne Salz und Würze, auch ohne Terpentin auskommt (was die Reinheit der Lehre betrifft, so sind die Epigonen immer päpstlicher als der Papst).“[5]
[1] „Wahrscheinlicher ist es, dass auch die Selbstzensur derer herrschte, die «päpstlicher als der Papst» sein wollten.“[6]

Übersetzungen[Bearbeiten]

[1] Wolf Friederich: Moderne deutsche Idiomatik. Alphabetisches Wörterbuch mit Definitionen und Beispielen. 2., neubearbeitete Auflage. Max Hueber Verlag, München/[Ismaning] 1976, ISBN 3-19-001017-X, Seite 356.
[1] Wissenschaftlicher Rat der Dudenredaktion (Herausgeber): Duden, Das große Wörterbuch der deutschen Sprache. In zehn Bänden. 3., völlig neu bearbeitete und erweiterte Auflage. 6. Band Lein–Peko, Dudenverlag, Mannheim/Leipzig/Wien/Zürich 1999, ISBN 3-411-04793-3, DNB 965409120, Stichwort »Papst«, Seite 2849.
[1] Dudenredaktion (Herausgeber): Duden, Redewendungen. Wörterbuch der deutschen Idiomatik. In: Der Duden in zwölf Bänden. 2., neu bearbeitete und aktualisierte Auflage. Band 11, Dudenverlag, Mannheim/Leipzig/Wien/Zürich 2002, ISBN 3-411-04112-9, Stichwort »Papst«, Seite 566.
[1] Wissenschaftlicher Rat der Dudenredaktion (Herausgeber): Duden, Deutsches Universalwörterbuch. 6. Auflage. Dudenverlag, Mannheim/Leipzig/Wien/Zürich 2007, ISBN 978-3-411-05506-7, Stichwort »Papst«, Seite 1254.
[1] Renate Wahrig-Burfeind: Brockhaus Wahrig Deutsches Wörterbuch. Mit einem Lexikon der Sprachlehre. In: Digitale Bibliothek. 9., vollständig neu bearbeitete und aktualisierte Auflage. wissenmedia in der inmedia ONE GmbH, Gütersloh/München 2012, ISBN 978-3-577-07595-4 (CD-ROM-Ausgabe), Stichwort »päpstlich«.
[1] Heinz Küpper: Illustriertes Lexikon der deutschen Umgangssprache in 8 Bänden. 6. Band Nase–Saras, Klett, Stuttgart 1984, ISBN 3-12-570160-0, DNB 840876025, Stichwort »päpstlich«, Seite 2102.
[1] Heinz Küpper: Wörterbuch der deutschen Umgangssprache. In: Digitale Bibliothek. 1. Auflage. 36, Directmedia Publishing, Berlin 2006, ISBN 3-89853-436-7, Stichwort »päpstlich«.
[1] Duden online „päpstlicher als der Papst sein
[1] Digitales Wörterbuch der deutschen Sprache „päpstlicher als der Papst sein
[1] The Free Dictionary „päpstlicher als der Papst sein

Quellen:

  1. Heinz Küpper: Illustriertes Lexikon der deutschen Umgangssprache in 8 Bänden. 6. Band Nase–Saras, Klett, Stuttgart 1984, ISBN 3-12-570160-0, DNB 840876025, Stichwort »päpstlich«, Seite 2102.
  2. Heinz Küpper: Wörterbuch der deutschen Umgangssprache. In: Digitale Bibliothek. 1. Auflage. 36, Directmedia Publishing, Berlin 2006, ISBN 3-89853-436-7, Stichwort »päpstlich«.
  3. Heinrich Graetz: Geschichte der Juden von den ältesten Zeiten bis auf die Gegenwart. 7. Band, Leiner, Leipzig 1897, Seite 108 (Zitiert nach zeno.org).
  4. Franz Blei: Männer und Masken. 1.–4. Tausend, Rowohlt, Berlin 1930, Seite 42 (Zitiert nach Google Books).
  5. Régis Debray: Das Museum, Fenster zur Welt! ZUR WIEDERERÖFFNUNG DES MUSÉE D'ART MODERNE IN PARIS. In: Le Monde diplomatique Online. Deutschsprachige Ausgabe. Nummer 6119, 14. April 2000 (übersetzt von Passet/Petschner), ISSN 1434-2561, Seite 23 (URL, abgerufen am 3. August 2013).
  6. Lidija Klasic: Erinnerung an das Ende Jugoslawiens. Nach Titos Tod atmete man zunächst leichter, doch als sich das System selbst blockierte, brach der nationalistische Furor aus. In: NZZOnline. 6. November 2006, ISSN 0376-6829 (URL, abgerufen am 3. August 2013).