Wechselwähler

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Wechselwähler (Deutsch)[Bearbeiten]

Substantiv, m[Bearbeiten]

Singular Plural
Nominativ der Wechselwähler die Wechselwähler
Genitiv des Wechselwählers der Wechselwähler
Dativ dem Wechselwähler den Wechselwählern
Akkusativ den Wechselwähler die Wechselwähler

Worttrennung:

Wech·sel·wäh·ler, Plural: Wech·sel·wäh·ler

Aussprache:

IPA: [ˈvɛksl̩ˌvɛːlɐ], [ˈvɛksl̩ˌveːlɐ]
Hörbeispiele: Lautsprecherbild Wechselwähler (Info)

Bedeutungen:

[1] Wahlberechtigter, der nicht bei jeder Wahl ein und derselben Partei seine Stimme gibt beziehungsweise der noch kurz vor der Wahl unentschlossen schwankt, ob und wenn ja, für welche Partei er stimmen soll

Herkunft:

  • strukturell:
Determinativkompositum aus dem Stamm des Verbs wechseln und Wähler
Bei dem Wort handelt es sich um eine Lehnübertragung des englischen Begriffs floating voter → en.[1][2] Wechselwähler wurde 1964 von dem Soziologen Max Kaase in seiner Dissertation »Wechsel von Parteipräferenzen: Eine Analyse am Beispiel der Bundestagswahl 1961« als deutsche Wiedergabe des englischen floating voter → en vorgeschlagen.[1] In der Buchfassung von 1967 findet sich im ersten Kapitel »1. Einführende Überlegungen zur Analyse der Wechselwähler« auf Seite 1: „[…] die sogenannten ‚Wechselwähler‘¹.“[3] Und in der Fußnote 1 heißt es dann weiter: „Der Verfasser schlägt diesen Begriff analog zu dem in der englischsprachigen Literatur üblichen des ‚floating voter‘ vor.“[3]
Zehn Jahre später, 1977, findet sich das Wort dann erstmalig im Wahrig lexikalisiert.[1]

Gegenwörter:

[1] Erstwähler, Stammwähler

Weibliche Wortformen:

[1] Wechselwählerin

Oberbegriffe:

[1] Bürger, Wähler, Wahlberechtigter

Beispiele:

[1] Partei X will versuchen, bei der nächsten Wahl viele Wechselwähler für sich zu gewinnen.
[1] „In einer ‚Analyse der Wechselwähler‘ erforscht Max Kaase auf Grund mehrerer Befragungen (panels), wie viele der 1957 und 1961 Wahlberechtigten und beide mal Abstimmenden bei ihrer Parteistange blieben oder, meist von CDU zur FDP und, mehr noch (?!) zur SPD wechselten. […] Im Gegensatz zu amerikanischen Meinungen, die die floating voters eher für minderwertig halten, wird sichtbar, daß ein Großteil der Wechselwähler ‚in der sozialen Schichtung eine überdurchschnittlich hohe Position‘ einnahm.“[4]
[1] „Das klassische Modell des Wählens, die Vorstellung von der floating Vote, von den ‚Wechselwählern‘ zwischen den beiden großen Parteien schien bestätigt und in der Wahlkreisverteilung glänzend bewiesen: […].“[5]
[1] „Es sind die Wechselwähler (englisch: floating voters). Zu ihnen wird gerechnet, wer bei zwei aufeinanderfolgenden, vergleichbaren Wahlen verschiedene Parteien gewählt oder vor einer Wahl mehrmals seine Stimmabsichten geändert hat.“[6]
[1] „Veranschlagten die Soziologen noch vor wenigen Jahren das Potential der Stammwähler auf 50 Prozent und das der Wechselwähler (Unentschiedene und Unentschlossene) auf etwa 35 Prozent, so rechnen sie jetzt mit fast umgekehrtem Zahlenverhältnis: Bei steigendem Informationsniveau (etwa durch die Televisionierung aller Lebensbereiche) und abnehmender Bindung an Glaubensbekenntnis und Milieu nimmt die Bereitschaft zum Parteiwechsel zu – schlechte Zeiten für angestammte Hochburgen und den Genossen Trend.“[7]
[1] „Dabei gibt es Anzeichen dafür, daß Wechselwähler zu sein kein Dauerzustand ist, sondern eine Übergangsphase sein kann, die schließlich wieder zu einer stabilen Parteibindung führt. Wesentlich ist, daß die Wechselwähler, was Bildung und Informationsgrad anlangt, sich nicht wesentlich von den Stammwählern unterscheiden.“[8]
[1] „Denn das Abstimmungsverhalten der ‚Wechselwähler‘, die oft noch in der letzten Minute vor der Wahl ihre Stimmabgabe von taktischen Überlegungen abhängig machen, bekommt man mit solchen Kniffen nicht in den Griff.“[9]
[1] „Die Besonderheit, so hat die Forschungsgruppe Wahlen herausgefunden, besteht darin, daß es dort noch keine stabilen Parteibindungen gibt, so daß Wechselwähler für den Kandidaten der anderen großen Partei stimmen können.“[10]
[1] „Denn während linke Demokraten ganz bestimmt nicht den Republikanern ihre Stimmen geben, haben die ‚Unabhängigen‘ mit der Rolle des Wechselwählers kein Problem.“[11]
[1] „In derselben Umfrage wurde auch gefragt, ob sich die jeweiligen Wahlberechtigten selber als Stamm- oder Wechselwähler einstufen – 51 Prozent sehen sich als Stammwähler, der Rest bekennt sich als Wechselwähler (42 Prozent) oder war noch nicht so oft wählen.“[12]
[1] „Bei der kommenden Nationalratswahl dürften Wechselwähler eine besondere Rolle spielen – rund eine halbe Million Stimmen wird allein wegen des veränderten Angebots wandern.“[13]
[1] „Für die GLP entschieden sich Wechselwähler und -wählerinnen vor allem, weil sie sich von ihrer früheren Partei nicht mehr vertreten fühlten (25 Prozent) und weil sie angaben, die Grünliberalen hätten sich ihrer eigenen Position angenähert.“[14]
[1] „Die gute alte Zeit, als Union und SPD auf 70 bis 90 Prozent der Wählerstimmen kamen, wird nicht wiederkommen. Der treue Stammwähler stirbt aus, der bewegliche Wechselwähler übernimmt.“[15]

Charakteristische Wortkombinationen:

[1] ein bekennender, enttäuschter, klassischer, kritischer, potentieller, unentschlossener Wechselwähler
[1] Wechselwähler ansprechen, erreichen, gewinnen, mobilisieren, überzeugen, umwerben, zurückgewinnen
[1] Wechselwähler abschrecken, verprellen, verschrecken

Übersetzungen[Bearbeiten]

[1] Wikipedia-Artikel „Wechselwähler
[1] Digitales Wörterbuch der deutschen Sprache „Wechselwähler
[*] Online-Wortschatz-Informationssystem Deutsch – elexiko „Wechselwähler
[1] Duden online „Wechselwähler
[1] Wahrig Großes Wörterbuch der deutschen Sprache „Wechselwähler“ auf wissen.de
[1] wissen.de – Lexikon „Wechselwähler
[1] PONS – Deutsche Rechtschreibung „Wechselwähler
[*] Uni Leipzig: Wortschatz-PortalWechselwähler
[1] Broder Carstensen, Ulrich Busse; unter Mitarbeit von Regina Schmude: Anglizismen-Wörterbuch. Band 3: P - Z, Walter de Gruyter, Berlin/New York 1996, ISBN 3-11-014296-1, DNB 946100519, Stichwort »Wechselwähler«, Seite 1696–1697.
[1] Duden, Das große Wörterbuch der deutschen Sprache. 10 Bände auf CD-ROM ; mehr als 200 000 Stichwörter mit rund 90 000 Belegen aus mehreren Hundert Quellen ; vielfältige Recherchemöglichkeiten ; für MS Windows und Apple Macintosh. Dudenverlag, Mannheim/Leipzig/Wien/Zürich 2000, ISBN 978-3-411-71001-0, Stichwort »Wechselwähler«.

Quellen:

  1. 1,0 1,1 1,2 Broder Carstensen, Ulrich Busse; unter Mitarbeit von Regina Schmude: Anglizismen-Wörterbuch. Band 3: P - Z, Walter de Gruyter, Berlin/New York 1996, ISBN 3-11-014296-1, DNB 946100519, Stichwort »Wechselwähler«, Seite 1696.
  2. Duden, Das große Wörterbuch der deutschen Sprache. 10 Bände auf CD-ROM ; mehr als 200 000 Stichwörter mit rund 90 000 Belegen aus mehreren Hundert Quellen ; vielfältige Recherchemöglichkeiten ; für MS Windows und Apple Macintosh. Dudenverlag, Mannheim/Leipzig/Wien/Zürich 2000, ISBN 978-3-411-71001-0, Stichwort »Wechselwähler«.
    Duden online „Wechselwähler
  3. 3,0 3,1 Max Kaase: Wechsel von Parteipräferenzen. Eine Analyse am Beispiel der Bundestagswahl 1961. Verlag Anton Hain, Meisenheim am Glan 1967, Seite 1 (Zitiert nach Google Books).
  4. Wenn es die Mehrheitswahl gäbe. In: DIE ZEIT. Nummer 29, 15. Juli 1966, ISSN 0044-2070, Seite 25 (DIE ZEIT Archiv-URL, abgerufen am 7. September 2021).
  5. Der doppelte Erdrutsch. In: DIE ZEIT. Nummer 32, 5. August 1966, ISSN 0044-2070, Seite 5 (DIE ZEIT Archiv-URL, abgerufen am 7. September 2021).
  6. Abstimmung an der Haustür. In: DER SPIEGEL. Nummer 32, 4. August 1969, ISSN 0038-7452, Seite 34 (DER SPIEGEL Archiv-URL, abgerufen am 7. September 2021).
  7. Schwungvoll abwärts. In: DER SPIEGEL. Nummer 9, 25. Februar 1974, ISSN 0038-7452, Seite 36 (DER SPIEGEL Archiv-URL, abgerufen am 7. September 2021).
  8. Werner Kaltefleiter: Bei den jungen Leuten führt die Union. In: DER SPIEGEL. Nummer 7, 9. Februar 1976, ISSN 0038-7452, Seite 28 (DER SPIEGEL Archiv-URL, abgerufen am 7. September 2021).
  9. Michael Schröder: Das Verwirrspiel mit der „Sonntagsfrage“. In: Mannheimer Morgen. Nummer 180, 7. August 1985, Seite 02.
  10. Dieter Schröder: Vertrauen wird erarbeitet. In: Süddeutsche Zeitung. 17. September 1994, ISSN 0174-4917, Seite 4.
  11. Frank Brandmaier: Schulden-Deal bringt Obama in Not. In: Hamburger Abendblatt. 3. August 2011, ISSN 0949-4618, Seite 5.
  12. Conrad Seidl: Was Wählern wichtig ist: Inhalte sind das stärkste Motiv. In: Der Standard digital. 16. Juli 2017 (URL, abgerufen am 29. März 2018).
  13. Conrad Seidl: Stärkstes Motiv für Wechselwähler: Unzufriedenheit. In: Der Standard digital. 20. August 2017 (URL, abgerufen am 29. März 2018).
  14. Wahlumfrage prophezeit eine noch stärkere SVP. In: NZZOnline. 12. Januar 2018, ISSN 0376-6829 (URL, abgerufen am 29. März 2018).
  15. Daniel Dettling: Mehr Labilität wagen. In: Die Welt. 10. September 2019, ISSN 0173-8437, Seite 2.